Fahrzeughistory
CHRONOLOGIE
In ihrem ersten Lebensabschnitt hatte die "Alte Liese" die vornehme Aufgabe, die Direktoren des Volg Winterthur standesgemäss auszufahren. Den Höhepunkt bildeten zweifellos die jährlichen Fahrten nach Südfrankreich, um Trauben und Wein für die eigene Kellerei einzukaufen. Da die Passagierkabine mit einer Scheibe von der Fahrerkabine getrennt war, erfolgte der Kontakt mit dem Chauffeur über ein eingebautes Mikrofon und einem Lautsprecher. Wenn man bedenkt, dass die Direktoren des Volg alle Bauern waren, so stellte dieser Luxus schon etwas Aussergewöhnliches dar.
Mitte Oktober 1948 ging das Fahrzeug in den Besitz der Gemeinde Embrach über. Hier diente es während mehr als 3 Jahrzehnten als Pikettfahrzeug der Feuerwehr. Zu diesem Zweck erhielt es einen neuen Anstrich und wurde der neuen Aufgabe entsprechend umgebaut. Manches fiel der neuen Zweckbestimmung zum Opfer. Die fünf bequemen Ledersitze im Fond mussten zugunsten von zwei raumsparenden Holzbänken weichen. Nicht einmal die SBB beförderte ihre Zweitklass-Fahrgäste so hart. Die feudale bordeigene Lautsprecheranlage verschwand. Es kamen das Cis-Fis-Horn und anfänglich zwei gelbe, später blaue Blinklichter zum Einbau. Dem Dach wurde die Auszugsleiter aufgebürdet. Das Elektrizitätswerk musste in die ungeheizte Remise Strom für die Speisung der Oelvorwärmung liefern. Damit wollte man auch für den Winter den leichten Start des Motors gewährleisten. Die Kantonale Gebäudeversicherung (Subventionsbehörde) hat laufend die Vermehrung des mitzuführenden Materialinventars gefordert. Der aufgeblähte Gerätekasten zwang zur Verlängerung des Karrosserieaubaus. Die dermassen produzierte Ueberschreitung der zulässigen Chassisbelastung, verbunden mit der Ankoppelung der schweren Motorspritze, veranlasste die Kantonale Motorfahrzeugkontrolle, die Auswechslung der Personenwagenräder gegen Camion-Räder zu verfügen. Unter Vollast und mit angehängter Motorspritze ist dem durchaus genügend starken Achtzylinder-Motor auf der Steilrampe zu den Aussenhöfen schlicht und einfach der Schnauf ausgegangen. Konsequenz: Ein Camiongetriebe musste her ! Jetzt endlich, nach einem Finanzaufwand von rund Fr. 15000.- waren die Wünsche aller erfüllt. Der praktische Einsatz konnte beginnen. Mit dem mehrfach modifizierten Packard durfte sich die Embracher Feuerwehr auch im Kreise städtischer Pikettwagen in den Vordergrund stellen. Durch die sorgfältige, um nicht zu sagen liebevolle Pflege durch die Pikettleute ist die betagte Dame, stets fit geblieben. Seit 1980 wurde die "Alte Liese" nicht mehr im Feuerwehrdienst eingesetzt. Sie fristete von nun an ein langweiliges Dasein, da sie nur noch gelegentlich bei Hochzeiten oder Jubiläen ausfahren durfte.
1991 gelangten einige Mitglieder der Verkehrsabteilung der Feuerwehr Embrach mit der Bitte an den Gemeinderat, einem neu zu gründenden Verein, das Fahrzeug zur Restauration und Pflege zu übergeben. Der Gemeinderat war von der Idee angetan und hat diese wohlwollend unterstützt. Der Verein "Alte Liese 1932" wurde daraufhin gegründet. Die zehn Gründungsmitglieder haben sich zum Ziel gesetzt, der "Alten Liese" den dritten und zugleich schönsten Lebensabschnitt zu ermöglichen. Rechtzeitig zu ihrem 60. Geburtstag 1992 wurde das restaurierte Fahrzeug der Bevölkerung vorgestellt und steht seitdem für Oldtimerausfahrten zur Verfügung.